5 Love Languages

  1. 5 Love Languages
  2. Die fünf Liebessprachen nach Chapman
  3. Übertragen auf Pferd und Mensch
  4. Was sagt die Wissenschaft?
  5. Wieso ist es trotzdem sinnvoll, darüber zu sprechen?
  6. Fazit
  7. Quelle
  8. Das könnte dich auch interessieren:

Wer Online-Dating betreibt, ist sicher schonmal über das Konzept der fünf Love Languages (oder zu Deutsch: fünf Liebessprachen) gestoßen. Es geht auf Gary Chapman zurück und soll beschreiben, welche „Liebessprachen“ es gibt und welche davon für Personen besonders wichtig sind, um sich geliebt zu fühlen und eine erfolgreiche Partnerschaft zu führen.

Aber Moment. Was hat das jetzt mit Pferden zu tun?

Ganz einfach: Auch mit dem Pferd gehen wir Menschen eine Beziehung oder Partnerschaft ein.

Deswegen haben wir uns in unserer Podcastfolge gefragt, ob das Konzept nicht übertragbar ist. Finden wir die Liebessprachen auch bei Pferden? Bringen sie uns etwas? Und was sagt die Wissenschaft überhaupt zu dem Konzept?

Hören kannst du die Podcastfolge hier (oder du liest den Blogbeitrag weiter):

Die fünf Liebessprachen nach Chapman

Gary Chapman hat das Modell der „Love Languages“ ursprünglich entwickelt, um Paaren zu helfen, ihre Bedürfnisse und die ihres Partners besser zu verstehen. Laut ihm gibt es fünf Arten, wie Menschen Zuneigung ausdrücken oder empfangen:

  1. Acts of service / Hilfsbereitschaft
  2. Quality Time / Zweisamkeit
  3. Words of affirmation / Worte der Anerkennung
  4. Physical Touch / Berührungen
  5. Receiving Gifts / Geschenke erhalten

Jeder Mensch hat laut Chapman eine bevorzugte „Sprache“, in der er Liebe wahrnimmt. Spricht das Gegenüber eine andere, kommt es zu Missverständnissen oder Enttäuschungen, obwohl eigentlich Zuneigung vorhanden ist.

Das Modell ist so einfach, eingängig und schnell erklärt, dass es sich ganz schnell in der Gesellschaft ausgebreitet hat und teilweise unreflektiert übernommen wird. Aber wie quasi alle Modelle, hat es sowohl Stärken als auch Schwächen. Dazu kommen wir später noch einmal genauer!

Denn dass das Modell in der Populärpsychologie so verbreitet ist, macht es uns leicht, es zu nutzen und zu übertragen. Auch auf Pferde und Menschen.

Übertragen auf Pferd und Mensch

Wenn wir die Liebessprachen übertragen wollen, müssen wir uns dem Konzept von zwei Seiten nähern. Einmal aus Sicht des Menschen und einmal aus Sicht des Pferdes. Das macht es besonders spannend, aber sicher auch schwierig, da nicht alles so einfach auf das Pferd übertragbar ist.

Sehen wir uns alles einmal nacheinander an:

  1. Acts of service / Hilfsbereitschaft
    • Im zwischenmenschlichen Sinne meint Hilfsbereitschaft: Ich sehe dein Bedürfnis und helfe dir, ohne dass du fragen musst. Bei Pferden funktioniert das nicht so bewusst.
    • Von Menschenseite geht das aber: Wir können unsere Pferde umsorgen und ihr Lebensbedingungen verbessern. Besseres Stallkonzept, artgerechtere Haltung, passendere Herdenkonstellation, gutes Futter, soziale Kontakte.
  2. Quality Time / Zweisamkeit
    • Gemeinsame Zeit – nicht im Sinne von Training oder „Leistung“, sondern einfach im Zusammensein schließt Quality Time ein. Spaziergänge, Pausen auf der Koppel, bewusstes Atmen nebeneinander.
    • Quality Time kann aber auch Lieblingsrituale umfassen: etwa ein bestimmtes Putzritual, ein Spiel oder ruhige Momente nach dem Reiten.
    • Das Pferd zeigt Quality Time, indem es sich freiwillig von der Herde löst und sich gern dafür entscheidet, Zeit mit dem Menschen zu verbringen.
  3. Words of affirmation / Worte der Anerkennung
    • Pferde verstehen keine Komplimente, aber sie verstehen Stimmung: Eine ruhige, freundliche Stimme, ein Lob, Begeisterung.
    • Umgekehrt äußern Pferde mit einem zufriedenen Brummeln oder entspannten Schnauben ebenfalls positive Emotionen.
  4. Physical Touch / Berührungen
    • Berührung ist ein ambivalentes Thema. Viele Menschen empfinden sie als zentralen Ausdruck von Nähe – auch bei Pferden. Aber: Nicht jedes Pferd mag körperliche Nähe. Einige lieben es, gekrault zu werden, andere reagieren gestresst oder weichen aus. Dennoch kann der Mensch seine Liebe darüber ausdrücken, das Pferd zu putzen, kraulen oder zu massieren.
    • Auch das Pferd kann aktiv die körperliche Nähe suchen, den Kopf an den Menschen lehnen oder zurückkraulen.
  5. Receiving Gifts / Geschenke erhalten
    • Hier wird es schwieriger. Pferde verschenken nichts im klassischen Sinn, aber wir können von ihnen das Angebot für eine Übung erhalten.
    • Umgekehrt ist es einfacher: Das Pferd erhält vom Menschen ein neues Halfter, eine neue Schabracke, Leckerlis als Futterlob oder Mash nach der Arbeit.

Du siehst also: Vieles lässt sich mit ein bisschen Fantasie durchaus übertragen. Nur bei der Hilfsbereitschaft mussten wir von Pferdeseite passen, da sie ein Vorausdenken benötigt, das wir bei Pferden nicht sicher beobachten können.

  • 5 Liebessprachen von Pferd und Mensch: Acts of service, Quality Time, Words of affirmation, Physical Touch, Receiving Gifts
  • Acts of service (Hilfsbereitschaft). Von Menschenseite: Das Pferd umsorgen, den Stallbereich anpassen, um den Alltag des Pferdes zu verbessern. Von Pferdeseite: Nicht vorhanden.
  • Quality Time (Zweisamkeit). Von Menschenseite: Zeit ohne Training, Die Lieblingsübung des Pferdes fördern, Spaß mit dem Pferd haben. Von Pferdeseite: Löst sich aktiv von der Herde und verbringt gern Zeit mit dem Menschen.
  • Words of affirmation (Lob/Anerkennung). Von Menschenseite: Stimmlob, mit dem Pferd sprechen. Von Pferdeseite: Brummeln.
  • Physical Touch (Berührungen). Von Menschenseite: Kraulen, Putzen, Streicheln, Massieren. Von Pferdeseite: Zurückkraulen, Nähe suchen.
  • Receiving Gifts (Geschenke erhalten). Von Menschenseite: Das Pferd bietet eine Übung an. Von Pferdeseite: Futterlob erhalten, Ein neues Halfter, eine neue Schabracke, Mash

Was sagt die Wissenschaft?

Die Idee der fünf Liebessprachen ist sicher charmant und einfach zu erklären, aber nicht wissenschaftlich belegt. In einer aktuellen Publikation aus dem Jahr 2024 (Impett et al., 2024) wird das Modell kritisch eingeordnet:

  • Es gibt keine konsistente empirische Unterstützung für die Annahme, dass Menschen eine feste „primäre“ Liebessprache haben. Es ist wahrscheinlicher, dass Menschen all die vorgestellten Arten nutzen, um ihre Zuneigung auszudrücken. Womöglich unterschiedlich stark ausgeprägt, aber wohl eher nicht mit einer starken Präferenz.
  • Die Idee, dass Paare, die unterschiedliche Liebessprachen sprechen, nicht harmonieren, ist daher nicht zu unterstützen.
  • Es gibt Kritik an der Methodik, die Chapman nutzte
  • Das Modell ist kulturabhängig: es spiegelt vor allem westliche, individualistische Vorstellungen von Nähe wider.

Wieso ist es trotzdem sinnvoll, darüber zu sprechen?

Auch wenn das Modell Schwächen hat und sicher nicht eins zu eins übernommen werden sollte, bringt es uns dazu, uns selbst und unser Gegenüber zu reflektieren. Und gerade im Umgang mit Tieren, die ihre Wünsche und Vorstellungen nicht verbal kommunizieren können, ist das essenziell. Denn oft verwechseln wir unsere eigenen Bedürfnisse mit denen unseres Pferdes.

Wir streicheln, weil wir Nähe suchen. Wir loben mit Worten, weil wir so Anerkennung zeigen. Aber was braucht ein Pferd generell und unser Pferd im Speziellen? Mag es angefasst werden und nimmt das Lob als Verstärkung wahr? Oder wird es dadurch eher gestresst?

Genau diese Passung sollten wir überprüfen. Und das Modell der Liebessprachen hilft, sich diese Fragen zu stellen:

  • Wodurch nimmt mein Pferd meine Liebe/meine Zuneigung/mein Lob wirklich wahr?
  • Wie zeigt es Vertrauen oder Zuneigung?
  • Welche Formen von Beziehung sind für das Pferd angenehm – nicht für mich?
  • Wie gut passen wir zusammen und wo können wir Kompromisse schließen?

Es geht also nicht darum, das Modell eins zu eins zu übertragen, sondern es als Anstoß zur Reflexion zu nutzen.

Fazit

Liebessprachen – ursprünglich ein Beziehungsmodell für Paare – lassen sich nur begrenzt auf Pferde übertragen. Pferde denken, fühlen und kommunizieren anders. Aber genau das macht die Auseinandersetzung mit dem Thema so wertvoll.

Denn: In jeder Beziehung, auch zwischen Mensch und Tier, geht es um gegenseitige Aufmerksamkeit, um Respekt und ein Verständnis füreinander. Dazu zählt auch die Bereitschaft, auf sein Gegenüber einzugehen und seine Bedürfnisse wahrzunehmen.

Die wichtigste Erkenntnis für uns:
Nicht alles, was wir als Liebe verstehen, wird vom Pferd auch so empfunden. Und nicht alles, was Pferde uns zeigen, erkennen wir als Zuneigung. Umgekehrt interpretieren wir womöglich manchmal eine Zuneigungsbekundung in das Verhalten unserer Pferde, wo sie gar nicht drin steckt.

Also frag dich ruhig mal: Welche Liebessprache spricht dein Pferd? Welche sprichst du?

Quelle

Impett, E. A.; Park, H. G.; Muise, A. (2024). Popular Psychology Through a Scientific Lens: Evaluating Love Languages From a Relationship Science Perspective. Current Directions in Psychological Science. 33(2). 87 – 92

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2 Antworten zu „Welche Liebessprache sprichst du mit deinem Pferd?“

  1. Avatar von Benedikt

    Ein sehr aufschlussreicher Beitrag, der zeigt, wie wichtig es ist, die feinen Signale unseres Pferdes wirklich zu verstehen. Die Übertragung der Liebessprachen hilft, die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen und die Beziehung bewusster zu gestalten.

    Für mich sind gerade kleine Rituale wie das sorgfältige Putzen mehr als nur Routine – sie sind ein Ausdruck von Quality Time und Physical Touch, die Vertrauen schaffen und Nähe fördern. Dabei sind passende Putzhilfen nicht nur praktisch, sondern unterstützen auch das Wohlbefinden des Pferdes und machen diese gemeinsamen Momente für beide Seiten angenehm.

    Solche Reflexionen helfen uns, Zuneigung nicht einfach vorauszusetzen, sondern jeden Ausdruck von Beziehung wirklich zu fühlen und zu respektieren.

    Danke für diese wertvollen Impulse!❤️🐴

    1. Avatar von Carina Warnstädt

      Vielen Dank für deinen Kommentar! Ich freue mich, dass dir der Beitrag gefallen hat und du den Impuls gut annehmen konntest! 🙂
      Genau das, was du beschreibst, sehe ich auch so. Deswegen sind solche Momente so wertvoll und viel mehr als „einfach nur“ Putzen.

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