Ein Gastbeitrag von Bettina Ferbus
Heute habe ich dir einen Gastbeitrag von Bettina Ferbus mitgebracht.

Bettina Ferbus ist Reitlehrerin, Autorin und unterrichtet Qigong. Ihr liegt das Pferdewohl sehr am Herzen und sie hat neben verschiedenen Fantasybüchern (teilweise mit Pferdebezug) gerade ihr erstes Sachbuch über das korrekte Reiten von Zirkeln veröffentlicht. Heute erzählt sie uns darüber, was es bedeuten kann, wenn das Pferd nicht mitarbeiten möchte und wie sie mit einem Nein des Pferdes umgeht.
Ich übergebe das Wort:
Wenn das Pferd nein sagt …
… ist es häufig so, dass es so lange unter Druck gesetzt wird, bis es sich nicht mehr traut nein zu sagen,
… oder die Menschen akzeptieren das Nein und passen die Anforderungen dem Pferd an. Wenn das Pferd nein zum Sattel sagt, wird er erst gar nicht aufgelegt und geritten wird schon gar nicht.
Ich habe einen anderen Ansatz. Wenn das Pferd nein sagt, gehe ich auf die Suche, warum es nein sagt. Dann forsche und tüftle und probiere ich so lange, bis es ja sagt.
Um bei dem Beispiel mit dem Sattel zu bleiben: Ich frage mich, warum mag das Pferd den Sattel nicht. Passt er nicht (mehr)? Drückt der Gurt? Hat das Pferd Verspannungen? Habe ich es in der vorherigen Reiteinheit zu viel beansprucht? Ist es vielleicht die Tagesverfassung? Gerade bei Stuten kann die Rosse durchaus ein Grund sein. Hat das Pferd möglicherweise Magenprobleme? Hat es Leberprobleme? Versteckt sich irgendwo eine Verletzung, die ich auf den ersten Blick nicht gesehen habe? Vielleicht hat es ja einen Tritt vom Herdenkumpel bekommen oder ein Insekt hat es ausgerechnet in der Gurtenlage gestochen.
Dann ist es an mir, alles so zu verändern, bis es für das Pferd passt, und es ja sagt.
Die Pferde haben nicht darum gebeten, geritten zu werden. Umso mehr weiß ich es zu schätzen, dass sie uns Menschen oft mit geradezu unfassbarer Geduld herumtragen. Es ist unglaublich, wie viel sie für ihren Menschen bereit sind zu tun. Oft blühen sie sogar regelrecht auf dabei.

Denn wenn ihnen das, was sie tun sollen richtig vermittelt wird, dann wachsen sie an ihren Aufgaben, werden selbstbewusster und stolzer. Sie zeigen Freude, wenn ihr Mensch kommt, laufen ihm auf der Weide entgegen. Sie freuen sich auf die gemeinsame Zeit und viele von ihnen zeigen auch gerne, was sie gelernt haben.
Dazu ist es wichtig, ihnen ihre Aufgaben geduldig zu erklären. Das beginnt bereits bei den absoluten Basics!
Viele Menschen vergessen, dass wir von Pferden oft Verhalten verlangen, das ihrer Natur vollkommen widerspricht.
Für ein Fluchttier ist es eine mögliche Gefahrensituation, wenn es etwas am Kopf hat, mit dem man es festhalten kann. Festzuhängen und nicht los zu kommen ist in freier Natur lebensgefährlich. Auf Zug ist die natürliche Reaktion Gegenzug.
Wir sollten den Pferden zutiefst dankbar sein, dass sie sich aufhalftern, führen und anbinden lassen.
Pferde liebe Weite. Sie wollen in die Ferne schauen, einen guten Überblick haben.
Eigentlich ist es ein Wunder, dass so viele Pferde problemlos in einen Hänger einsteigen. Sie akzeptieren, nichts zu sehen, in einem engen Raum eingesperrt zu sein, der sich dann auch noch ruckelnd und rumpelnd bewegt. Mal ganz abgesehen davon, dass sie meist nicht wissen, wo sie wieder ausssteigen.
Wie viele Menschen sind ihren Pferden dankbar, wenn sie in den Hänger steigen? Von wie vielen Pferden wird es als selbstverständlich erwartet? Wie oft sieht man unschöne Szenen, weil das Pferd partout nicht in den Hänger will?
Die Pferde wissen nicht, dass eine Hängerfahrt auch lebensrettend sein kann – zum Beispiel, wenn sie Kolik haben und in die Klinik müssen.
Häufig denken Menschen, dass ein Pferd, wenn es wie eingefroren auf der Rampe steht, einfach nur stur ist. Aber ein Pferd hat vier Abwehrstrategien, sobald es sich bedroht fühlt. Eine ist Flucht. Wenn die nicht funktioniert kommt Kampf – bocken, steigen, treten, beißen.
Funktioniert die auch nicht, dann erstarrt das Pferd. Das kann auch passieren, wenn es nicht mehr weiß, was es tun soll. Wenn sich zum Beispiel das natürliche Verhalten und das antrainierte Verhalten widersprechen.
Gerade gutmütige Pferde, die eigentlich dem Menschen zugetan sind, können leicht in eine solche Situation geraten. Sie wollen weglaufen, werden aber festgehalten. Bei ihrer Erziehung haben sie gelernt: beißen ist böse und treten ist auch böse. Also erstarren sie.
Das heißt nicht, dass sie stur sind. Das heißt auch nicht, dass sie keine Angst haben.
Es wurde Pferden in solchen Momenten Blut abgenommen und ein deutlich erhöhter Spiegel an Stresshormonen festgestellt.
Wer sein Pferd gut beobachtet, wird auch feststellen können, dass es nur mehr flach atmet. Nüstern und Maul sind angespannt. Häufig zeigen die Augen einen sorgenvollen Blick, ja werden regelrecht dreieckig.

Das einzige was hilft ist, mit einem Training in kleinen Schritten das Vertrauen des Pferdes aufzubauen und ihm dadurch die Angst zu nehmen.
Niemals sollte man das Pferd soweit treiben, dass es zu seiner allerletzten Strategie greift – nämlich in Ohnmacht zu fallen.
Das sieht man zum Glück sehr selten, denn es passiert nur, wenn das Pferd wirklich gar keinen Ausweg mehr sieht.
Oft ist es für uns Menschen nicht einfach, mit den Pferden geduldig zu bleiben. Durch ihr Wesen als Fluchttiere denken sie anders als wir. Sie nehmen auch die Welt anders wahr.
Was für uns eine Kleinigkeit ist, kann das Pferd als bedrohlich empfinden.
So ist das Fluchttier Pferd ist in einer verletzlichen Position, wenn es auf drei Beinen steht. Wer das weiß, wird nicht mehr so schnell böse, nur weil es den Huf nicht sofort aufheben will.
Ein Pferd das stürzt ist ein gefundenes Fressen für Raubtiere. Kein Wunder, dass es so schnell wie möglich aufspringt und vielleicht sogar losbockt. So zeigt es jedem sich nähernden Raubtier, dass es immer noch kräftig und stark ist. Wer das weiß, wird nie zu einem gestürzten Pferd hinlaufen. Das kann böse ins Auge gehen – auch wenn es das Pferd nicht böse meint.
Ich spreche hier aus Erfahrung, denn eine Reiterkollegin hätte in so einer Situation beinahe ein Auge verloren, weil sie einen Tritt ins Gesicht abbekommen hat.
Womit wir bei einem Punkt wären, der mir sehr wichtig ist: Wenn ein Pferd Vertrauen zu seinem Menschen hat, wird es viel schneller ja sagen und der Umgang mit ihm wird viel sicherer sein.
Denn: 600 Kilo Panik sind nicht witzig!
Die meisten Unfälle passieren, weil Pferde Angst hatten und weil Menschen sich menschlich, aber leider nicht pferdegerecht verhalten haben.
Wer sein Pferd versteht, wird mehr Gefühl für das Tier entwickeln und der Umgang mit dem Pferd wird sicherer.
Deshalb ist es mir ein Anliegen, Pferdewissen in die Welt zu tragen.
Wer mehr über Bettinas Arbeit erfahren möchte, findet weitere Informationen auf ihrer Website oder in den sozialen Medien:

Auch in ihren Büchern vertritt sie ihre Pro Pferd Einstellung.
In ihrem Jugendromanen „Equus Davinia – Von Drachen und Prinzessinnen“ und „Equus Davinia – Auf Einhornspuren“ verpackt sie jede Menge Pferdewissen in eine spannende Fantasygeschichte.
Und in ihrem Sachbuch „Perfekte Zirkel reiten“ zeigt sie in leicht verständlicher, unterhaltsamer Sprache, wie Reiter und Pferd auf gefühlvolle Weise an das Reiten von Zirkeln herangeführt werden können. Außerdem gibt es jede Menge Tipps, wie Schwierigkeiten beim Zirkelreiten pferdefreundlich gelöst werden können.
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