Trauer verstehen und bewältigen
Der Verlust eines geliebten Pferdes ist für viele Menschen ein tiefgreifender Einschnitt. Pferde sind oft für viele Jahre unsere treuen Begleiter, trösten uns und schaffen mit uns zusammen besondere Momente. Sie gehören für viele zur Familie und werden psychologisch mittlerweile oft als Bindungsfiguren angesehen, genau so wie Menschen es sind. Kein Wunder, dass die Trauer um ein Pferd ebenso intensiv sein kann wie die um einen menschlichen Angehörigen.
Darüber haben wir uns auch in unserer Podcastfolge mit Melanie Sutor unterhalten:
- Trauer verstehen und bewältigen
- Die besondere Bindung zwischen Mensch und Pferd
- Den Verlust vorbereiten
- Pferde kremieren lassen
- Antizipatorische Trauer: Wenn der Abschied absehbar ist
- Strategien zur Trauerbewältigung
- Gesellschaftliche Wahrnehmung der Trauer um Tiere
- Wie Coaching in der Trauerbewältigung helfen kann
- Fazit
- Quellen
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Die besondere Bindung zwischen Mensch und Pferd
Pferde nehmen in unserem Leben eine einzigartige Rolle ein. Sie sind Partner im Sport, Schulter zum Anlehnen und oft auch Freunde, die uns durch verschiedene Lebensphasen begleiten. Kein Wunder, dass Studien zeigen, dass die Trauer nach dem Verlust eines Haustieres mit der Trauer um einen Menschen vergleichbar ist. Außerdem zeigte eine polnische Studie, dass die Zahl der Personen, die ihre Tiere kremieren lassen oder ein anderweitiges Andenken brauchen, um eine Verbindung zu ihrem verstorbenen Tier zu spüren, steigt.
Den Verlust vorbereiten
Oftmals ist es hilfreich, sich im Vorfeld mit dem Thema Verlust auseinanderzusetzen. Ganz egal, ob das Pferd jung und gesund ist oder nicht – manchmal kann es unerwartet schnell gehen und dann freut man sich über alles, was vorher schon klar ist. Dazu gehört auch, im Vorfeld bereits Andenken zu schaffen. Du könntest zum Beispiel über folgende Dinge nachdenken:
- Einfach mal ein Stück aus dem Schweif herausschneiden (ein längeres, fingerdickes irgendwo aus der Mitte, wo es nicht auffällt), aus dem man zum Beispiel Schmuck machen lassen könnte
- Ein professionelles Fotoshooting buchen, um schon zu Lebzeiten schöne Erinnerungen zu haben
- Gemeinsame Erlebnisse als Erinnerungen schaffen. Für Melanie war das zum Beispiel ein Ausflug ans Meer, aber vielleicht ist es für dich etwas vollkommen anderes?
- Auch Hufhorn könnte ein mögliches Andenken sein, das in Schmuckstücken verarbeitet werden kann
- Auch ein Gipsabdruck vom Pferdehuf ist möglich
Pferde kremieren lassen
Melanie hat sich dafür entschieden, ihr Pferd einäschern zu lassen. Dafür gibt es Kremierungsunternehmen, die sich auf eine würdevolle Einäscherung von Tieren spezialisiert haben. Dazu zählen zum Beispiel Horsia und Rosengarten Tierbestattungen (keine Werbung, ich habe keine Erfahrung mit den Unternehmen).
Für Melanie hat es sich richtig angefühlt, diesen Weg zu gehen und sie empfiehlt, sich bereits im Vorfeld Gedanken dazu zu machen, ob man sein Pferd einäschern lassen möchte, oder nicht, um Vorbereitungen treffen zu können. Auch der Aspekt der Finanzierung sollte dabei bedacht werden. Es müssen allerdings auch andere Entscheidungen getroffen werden:
- Möchtest du eine Einzelkremierung, bei der du nur die Asche von deinem eigenen Pferd erhältst oder eine (günstigere) Sammelkremierung, bei der mehrere Tiere gemeinsam kremiert werden, sodass keine individuelle Asche zurückgegeben werden kann?
- Kümmert sich der Anbieter um den Transport?
- Gibt es jemanden, der an deiner Stelle bei der Abholung dabei sein kann? Oftmals ist diese emotional sehr belastend.
- Was möchtest du mit der Asche machen? Es ist zum Beispiel möglich, daraus Schmuck erstellen zu lassen oder sie im Haus aufzubewahren.
Antizipatorische Trauer: Wenn der Abschied absehbar ist
Im Vorfeld zum Verlust kann ein psychologisches Phänomen auftreten, über das wir im Podcast nur am Rande gesprochen haben. Wer schon weiß, dass sein Tier nicht mehr lange leben wird, kann sich auf den bevorstehenden Verlust ein Stück weit vorbereiten, doch es gibt auch die sogenannte antizipatorische Trauer.
Antizipatorische Trauer bezeichnet die Trauer, die bereits vor dem eigentlichen Verlust einsetzt, beispielsweise wenn das Pferd unheilbar erkrankt oder bereits sehr alt ist und zusehends schwächer wird. Diese Form der Trauer unterscheidet sich teilweise von der uns bekannten Trauer, vermutlich weil wir uns immer noch mit dem Tier oder dem Menschen beschäftigen, das/den wir betrauern. Nicht jede*r erlebt diese Art von Trauer, aber ich halte es für wichtig, sie zu kennen, um sie bei sich selbst oder anderen zu erkennen.
Strategien zur Trauerbewältigung
Der Umgang mit Trauer ist individuell, doch es gibt verschiedene Strategien, die helfen können. Darüber haben wir auch im Podcast gesprochen, ich möchte jedoch ein paar hier noch einmal nennen:
- Gefühle zulassen und ausdrücken: Es ist wichtig, die eigenen Emotionen nicht zu unterdrücken. Selbst, wenn das im ersten Moment manchmal hilfreich ist, ist die Beschäftigung mit den eigenen Gefühlen langfristig in der Regel der gesündeste Weg. Wie das passiert, kann ganz unterschiedlich sein: Durch Gespräche mit vertrauten Personen, das Führen eines Tagebuchs, Schreiben von Gedichten, erstellen eines Fotoalbums oder Zeichnen des geliebten Tiers. Alles ist möglich. Doch gerade das Benennen von Gefühlen und ihrer Herkunft kann schon bei der Verarbeitung helfen.
- Rituale des Abschieds: Ein bewusster Abschied, wie eine kleine Zeremonie oder das Anlegen eines Erinnerungsortes, kann helfen, den Trauerprozess zu unterstützen, wenn es sich richtig anfühlt.
- Selbstfürsorge praktizieren: Der erste wichtige Schritt ist, anzuerkennen, dass die Gefühle, die nach (oder vor) dem Verlust da sind, ihre Berechtigung haben. Zusätzlich kann es helfen, auf ausreichenden Schlaf, gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung an der frischen Luft zu achten. Aber zur Selbstfürsorge kann auch zählen, sich eine Weile selbst zu umarmen, zu meditieren oder auch mal die Lieblingsschokolade zu essen.
- Ablenkung: Niemand muss sich permanent mit der Trauer beschäftigen. Manchmal fühlt es sich auch richtiger an, genau das nicht zu tun und sich eine Weile abzulenken, über etwas ganz anderes zu sprechen und etwas zu machen, das Spaß macht.
- Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen: Wenn die Trauer überwältigend wird, kann es hilfreich sein, Unterstützung durch Therapeut*innen, Coaches oder eine Trauerbegleitung zu suchen. Länger andauernde oder besonders intensive Trauer kann in eine „anhaltende Trauerstörung“ übergehen, die therapeutische Begleitung erfordert. Aber auch, wenn die Kriterien dafür nicht erfüllt sind, kann professionelle Unterstützung sinnvoll sein.
Gesellschaftliche Wahrnehmung der Trauer um Tiere
Leider wird die Trauer um ein Tier in unserer Gesellschaft oft nicht in gleichem Maße anerkannt wie die um einen Menschen. Und gerade diese nicht anerkannte Trauer kann dazu führen, dass Trauernde ihre Emotionen unterdrücken und sich zunehmend isolieren. Das ist jedoch selten ein gesunder Umgang mit diesen Gefühlen, weswegen ich daran appelliere, Gefühle von Trauer immer ernst zu nehmen.
Ich hoffe aber, dass sich das ändert. Das geht allerdings nur, wenn darüber aufgeklärt wird und deswegen versuche ich, einen Beitrag dazu zu leisten.
Wie Coaching in der Trauerbewältigung helfen kann
Da ich selbst als Hypnose-Coach und pferdegestützter Coach arbeite und gern Achtsamkeit nutze, weiß ich, dass all das auch bei der Trauerbegleitung sinnvoll sein kann. Was genau gewählt wird, ist dabei sehr individuell. Während die einen nach dem Verlust eines Pferdes Abstand zu diesen Tieren haben wollen, hilft es anderen, sich mit fremden Pferden zu beschäftigen.
Mittels Hypnose ist es möglich, tiefliegende Emotionen zu verarbeiten und den Trauerprozess zu erleichtern. Durch die Trancearbeit können belastende Gefühle verändert und innere Harmonie gefördert werden. Außerdem kann Hypnose durch das Senken des Blutdrucks und die tiefe Entspannung eine Auszeit von der Trauer geben, die oft als sehr angenehm erlebt wird.
Allerdings kann und darf ich keine psychischen Erkrankungen therapieren. Hierzu können qualifizierte Hypnotherapeut*innen helfen. (Wer mehr über Hypnose erfahren möchte, kann hier weiterlesen.)
Der Vorteil von Hypnose ist, dass diese auch online und damit ortsunabhängig durchgeführt werden kann.
Fazit
Trauer kann immense psychische und physische Auswirkungen haben. Auswirkungen, die absolut individuell sind. Und die auch dazu führen können, dass eine Person Hilfe braucht. Egal ob von Angehörigen, einem Coach oder auch in Form von Psychotherapie. Das ist absolut legitim und ich appelliere hiermit an jede*n, dem es mit seiner Trauer nicht gut geht und der denkt „es gibt viel relevantere Themen für eine Therapie“: Bitte redet euch so etwas nicht ein und nehmt Hilfe in Anspruch, wenn ihr sie braucht. Das ist absolut legitim und kein Coach und kein*e Psychotherapeut*in der Welt sollte euch dafür verurteilen. Und man sollte sich auch nicht einreden lassen, dass es „nur ein Tier“ ist, um das man trauert. Für viele von uns sind unsere Tiere eben Familienmitglieder, mit denen wir sehr viel Zeit verbringen und denen wir alles anvertrauen können. Das ist ein schwerer Verlust. Das sollte man nicht einfach so abtun.
Trauer ist keine Schwäche! Sie ist ein Zeichen dafür, dass es eine tiefe Verbindung gab, dass geliebt wurde und dass vermisst wird.
Und egal, wie man mit dem Verlust eines Tieres umgeht – ob man danach nie wieder eine solche Bindung eingehen möchte oder gleich loszieht, um sich ein neues zu kaufen – das ist alles in Ordnung.
Zu diesem Fazit komme ich auch in meinem Buch Nina – Auf neuen Pfaden, in denen ich das Thema ebenfalls anspreche.
Quellen
Lee, S. A. (2020). Does the DSM-5 grief disorder apply to owners of deceased pets? A psychometric study of impairment during pet loss. Psychiatry Research. Vol. 285.
McCarroll, C. J.; Yan, K. (2024). Mourning a death foretold: memory and mental time travel in anticipatory grief. Phenomenology and the Cognitive Sciences.
Wojtaś, J.; Kapustka, J.; Iwanicki, R.; Iwanicki, J.; Iwanicki, M.; Garbiec, A. (2022). Analysis of the emotional relationships between humans and animals with regards to the death of dogs and cats. Medycyna Weterynaryjna.
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