Silvester ist dieser ein Tag im Jahr, der einen Teil der Pferdewelt in Angst und Schrecken versetzt. Der andere Teil bleibt ganz gelassen.

Ich gehöre eher zur ersten Gruppe. Dieser Tag kommt jedes Jahr aufs Neue nicht überraschend, aber man weiß eben doch nicht genau, wie er abläuft. Wir leben hier mit den Pferden im Dorf und sind quasi mitten im Geschehen. Deswegen ist es mir wichtig, diesen Tag im Vorfeld gut vorzubereiten.

Was kann ich zur Vorbereitung tun?


Wir trainieren im Vorfeld schon Ruhe bei Feuerwerksgeräuschen (bei uns sind es im Alltag eher Geräusche als Lichter, die den Pferden Stress machen) über YouTube Videos. Es gibt ganz viele verschiedene, eins habe ich mal verlinkt, da es sehr lang ist und viele verschiedene Geräusche beinhaltet. Für meine Pferde waren vor allem die hohen Geräusche sehr gruselig, also alles was zischt und quietscht. Das muss aber nicht für alle Pferde gelten. Probiere einfach aus, wie es bei euch ist.

Ich benutze zum Training das Clickern – das kennen meine Pferde bereits und die positive Verstärkung funktioniert in meinen Augen in diesem Kontext sehr gut.

Das Hauptaugenmerk liegt bei diesem Training auf unserer „Chefin“, denn an ihr orientieren sich die anderen ▶️ Gamechanger war übrigens, das Handy hoch zu halten, sodass das Geräusch von oben kommt. Von weiter unten hat es sie nicht wirklich interessiert. 🫣

Und natürlich: Langsam steigern! Mit viel Distanz und leisen Geräuschen auf Augenhöhe anfangen, dann nur langsam nähern und lauter machen. Das Hochhalten war bei uns erst der letzte Schritt! Dabei wurde ruhiges, möglichst entspanntes Stehen und die Orientierung am Menschen immer belohnt.

Möglich ist es auch, zischende Laute, Funken, Rauch und ähnliches zu trainieren. Zum Beispiel mit den Produkten von Kleine Tante (unbezahlte Werbung). Auch das sind Aspekte, die Pferde an Silvester beunruhigen können. So werden sie gezielt trainiert und die Neugierde der Tiere geweckt.

Generell finde ich es sinnvoll, diese Art von Training (auch die mit den YouTube Videos), nicht erst kurz vor Silvester zu beginnen, sondern bestenfalls immer mal wieder zwischendurch im Jahr einzubauen. Wenn es dafür bereits zu spät ist: Trotzdem bitte nichts überstürzen, sondern langsam und kleinschrittig vorgehen. Silvester kommt jedes Jahr wieder.

Zusätzlich zum Training könnte man die Pferde auch im Vorfeld schon mit beruhigendem Futter unterstützt (was hier gegeben wird, kann individuell entschieden werden, da möchte ich keine Vorschläge machen – besser fragt man hier eine*n kompetente*n Futterberater*in).

Was mache ich am Silvestertag?

Den „besonderen“ Tag kann man ganz unterschiedlich gestalten. Ich weiß, dass einige noch vormittags entspannt ausreiten gehen oder das Pferd anderweitig trainieren, damit es ausgelastet ist. Ich persönlich gehe an diesem Tag nicht mehr raus, obwohl hier wenig vorab gezündet wurde. Mir ist das Risiko einfach zu groß, dass mein Pferd sich genau an diesem Tag losreißt – das kannst du für dein Pferd aber sicher am besten einschätzen. Gegen Training auf dem Hof hätte ich nichts einzuwenden, ich persönlich muss dann schauen, was die Wetterlage möglich macht.

Mein persönlicher Plan abgesehen vom Training sieht wie folgt aus:

– vorher wird nochmal kontrolliert dass die Zäune wirklich sicher sind und Strom führen
– meine Pferde bekommen am Abend wirklich viel Heu, denn Fressen beruhigt

– Außerdem bekommen sie sicherheitshalber Halfter drauf – falls doch mal was sein sollte, kann man sie leichter einfangen
– während des Feuerwerks sind wir dabei und versuchen selbst Ruhe auszustrahlen
– wir werden so viel Licht anmachen wie es geht, um die Lichtreize zumindest abzumildern (das hat beim letzten Mal sehr gut geholfen)

Das muss nicht für jede*n die passende Lösung sein, aber ich möchte gern darstellen, wie es bei uns aussehen wird.

Drinnen oder draußen, was ist besser?

Eine große Frage, die auch immer wieder aufkommt: Sollten die Pferde besser in Boxen gesperrt werden oder draußen bleiben? Ich glaube, das kommt total darauf an.

Meine Pferde bleiben draußen.

Warum? Weil sie das ganze Jahr über im Laufstall stehen und bei Stress immer den Weg auf den Paddock suchen, wo sie einen besseren Überblick haben. Sie einzusperren würde ihnen nur noch mehr Stress machen.

Außerdem können Pferde über Bewegung Stress abbauen. Das ist ihre natürliche Fluchtreaktion auf angstauslösende Reize.

Deswegen habe ich mich so entschieden.

Trotzdem bin ich nicht der Meinung, dass das für alle Pferde die richtige Herangehensweise ist. Pferde, die das ganze Jahr über nachts in Boxen stehen, fühlen sich dort möglicherweise sicher und wohl.

Ansonsten würde ich mich auch noch fragen: auf welches Pferd fokussiert sich die Herde in stressigen Situationen? Und wie reagiert dieses Pferd erfahrungsgemäß auf Feuerwerk? Würde es womöglich sogar durch Zäune gehen? Dann würde ich es wahrscheinlich lieber nicht riskieren, die Pferde draußen zu lassen. Ist dieses Pferd eher ruhig, dann könnte sich diese Ruhe auf die Herde ausstrahlen.

Den Menschen trainieren

Noch eine andere Ruhe kann sich auf das Pferd übertragen – und das ist die des Menschen. Ich weiß, wir trainieren immer gern unsere Pferde, um sie auf alles vorzubereiten (das geht mir genauso). Tatsächlich kann es aber auch helfen, uns selbst damit auseinanderzusetzen um ruhiger an den Silvesterabend ranzugehen.

Das heißt: Trainierst du dein Pferd und merkst, dass es mit der Zeit ruhiger mit Reizen umgeht, wird auch deine Erwartungshaltung nicht mehr sein „Oh Gott, das wird eine fürchterliche Nacht!“ sondern vielleicht nur noch „Ich bin froh, wenn die Nacht vorbei ist, aber ich weiß, dass wir sie gemeinsam überstehen“.

Wenn du auch noch konkret etwas für dich machen möchtest, um dich bestens auf die Silvesternacht vorzubereiten, habe ich hier zwei Tipps für dich:

  1. Atemübungen, die du auch noch in der Nacht umsetzen kannst. Wenn du etwas Vorlaufzeit zur Übung hast, könntest du zum Beispiel die 4-7-8 Methode erlernen. Will sagen: Beim Einatmen bis 4 zählen, dann bis 7 zählen und dabei den Atem halten und beim Ausatmen bis 8 zählen. Der Trick dabei ist, bei der gleichen Zählgeschwindigkeit zu bleiben, sonst veräppeln wir uns nur selbst. Am Anfang ist diese Atemübung für viele gar nicht so einfach, aber es lohnt sich, sie immer wieder für ein paar Atemzüge zu trainieren, weil sie in vielen Lebenslagen sehr wirksam ist.
  2. Visualisierung: Nimm dir immer mal wieder etwas Zeit und versuche, dir ganz intensiv vorzustellen, wie die Silvesternacht abläuft, wenn sie positiv (!) verläuft. Wenn du gelassen bleibst und dein(e) Pferd(e) auch. Spiele in Gedanken durch, wie du selbst dann gelassen bleibst, wenn dein(e) Pferd(e) sich doch mal erschrecken. Versuche dabei, alle Sinneswahrnehmungen (Hören, Sehen, Fühlen, Schmecken, Riechen) in deiner Vorstellung so gut wie möglich mit einzubeziehen. Das bereitet dich auf die Situation vor und du kannst gelassener an die tatsächliche Nacht herangehen.

Ich hoffe, das hilft dir!

In jedem Fall wünsche ich euch einen guten Rutsch ins neue Jahr und vor allem, dass eure Pferde mit möglichst viel Entspannung in das Jahr kommen.

Solltest du Unterstützung bei der mentalen Vorbereitung oder Verarbeitung von Stresssituationen oder beim Pferdetraining am Boden brauchen, schau doch mal auf meiner Website vorbei!

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